FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Okular, Filter, Kamera...
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HHV
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FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von HHV »

Guten Morgen!

Seit etwas mehr als einem Jahr betreibe ich nun Astrophotographie mit meiner "normalen" NIKON DSLR, unmodifiziert also. Im Zusammenspiel mit dem MGEN-II ist das Aufnehmen wunderbar einfach, simpel und vor allem SCHNELL. Das gewünschte Deep Sky Objekt mittig platziert nach Ansteuern mit GoTo ist in 3min erledigt (einfach iso rauf, schon sieht man am Kameramonitor wo das Objekt liegt, via Live-View dann anhand der helleren Sterne rauf, runter, links-rechts gesteuert und fertig), bzw. zuvor das Scharfstellen auf einen Stern via Live-View in 20s mit 100% Sicherheit erledigt.

Nun die FRAGE - wie läuft all dies mit einer Astro-CCD ab? Ich habe große Scheu vor dem Kauf einer OSC (monochrom kommt für mich grundsätzlich nicht in Frage)...weitere Stromversorung, noch ein USB-Kabel, wie Scharfstellen, wie Ausrichten (iso-Wert kann ja nicht erhöht werden, kein Live-View...), Laptop-Einsatz - Murphy's Law schlägt ja beinhart zu, noch mehr Technik, die Zicken machen kann.

Würde nun bitten, dass ihr mir beschreibt wie denn so ein Aufnahmeabend mit einer Astro-CCD abläuft? Wie werden all die notwendigen Schritte in der Praxis vollzogen?
Einen Alternativplan hätte ich zumindest - günstige Einsteiger-SLR kaufen und diese dann astromodifizieren lassen.
Über eure Antworten, Auflistungen der Arbeitsschritte bis zum Aufnahmestart mit einer Astro-CCD (gleich ob jetzt in Farbe oder monochrom) würde ich mich freuen.


LG und CS,
Michael S.
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markusblauensteiner
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von markusblauensteiner »

Hallo Michael,

ich fange mal an - die Sternwarte ist offen, die Montierung referenziert. Danach:
- CCD Kühlung auf gewünschten Wert einstellen.
- während sie kühlt, Objekt anfahren.
- Objekt zentrieren. 2-3 Sekunden Einzelblichtungszeit im Modus "continous", also quasi "Dauerfeuer". Das ganze im 2x2 bin, reicht für alle Standartobjekte.
- Bei sehr lichtschwachen Objekten (LDN, LBN, Barnard,..) dann eben Einzelbelichtungen um 10 sec, um den Ausschnitt ordentlich zu finden. Meist kann in der Aufnahmesoftware der Kontrast extrem gestreckt werden, wodurch dann mehr sichtbar wird als im gezeigten Bild.
- in einer eventuellen Folgenacht suche ich mir im Feld einen beliebigen Stern aus und versuche, den wieder genau aufs selbe Pixel zu fahren. Das geht dann auch mit kurzen Einzelbelichtungen.
- Fokussieren; ich machs über den FWHM-Wert (den ich schon mal hier erklärt bzw. verlinkt hatte), andere mit Bahtinov. Belichtung: 1x1 binning, etwa 1-3 Sekunden Belichtungszeit (um nicht aufs Seeing zu fokussieren). Dauer: 20 Sekunden;
- Guidestern suchen, Guider kalibrieren, Guider starten; Bei mir halt Local Pointing erstellen, kein Guiding starten. :D
- derweil der Guider kalibriert, Aufnahmesequenz (Filterfolge, Belichtungszeit, Speicherort) eingeben;
- Belichtung starten

Wenn ichs drauf anlege, so kann ich vom Eintreffen auf der Warte an gerechnet nach etwa 10-15 Minuten starten. Das inkludiert alles - Warte öffnen, PC starten,... Das ist schneller, als die Optik ausgekühlt ist und an der Gesamtbelichtungszeit gemessen verschwindend kurz. Daher wäre der Faktor "Zeit bis zum Belichtungsstart" für mich kein Kriterium, selbst wenn man mit einer CCD vielleicht 5 Minuten länger braucht.
PC kaputt oder zickt? Nix aufnehmen, PC reparieren. :D Detto wenn Montierung zickt, MGEN zickt,.... :mrgreen: Außer, man hat einen Reserve-PC.. :D
Bislang habe ich Gott sei Dank noch keine Nacht wg. Technikzicken verloren, vielleicht auch einfach Glück.
Bernhard Hubl schreibt im aktuellen Interstellarum einen schönen Artikel, "jede Minute nutzen". Im Summe gehts da um Reproduzierbarkeit, sprich alle Unabwägbarkeiten so gut wie möglich ausräumen, dann kommt ganz schön Beobachtungszeit zusammen.
Oder anders gesagt: wir verlieren viel mehr Belichtungszeit durch Wolken, Nebel, schlechtes Seeing, angetaute Optiken, als wir zum Einstellen des ganzen Gerödels brauchen.

Und mein persönlicher Tip:
Die ersten 2-3 Einzelbilder eines Abends muss ich immer löschen. Warum? Weil sie in die Dämmerung hinein aufgenommen werden. All die oben angeführten Arbeiten lassen sich ja schon ganz gut erledigen, wenn der Himmel noch lange nicht dunkel genug ist. Man sieht aber schon schön, dass eh alles läuft (na klar, wir haben unser Zeug ja Griff! :D ) und man verliert genau gar keine Beobachtunsgzeit.

LG, Markus
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HHV
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von HHV »

markusblauensteiner hat geschrieben:Hallo Michael,

- in einer eventuellen Folgenacht suche ich mir im Feld einen beliebigen Stern aus und versuche, den wieder genau aufs selbe Pixel zu fahren.

- PC kaputt oder zickt? Nix aufnehmen...

LG, Markus

Servus Markus!

Herzlichen Dank für diesen lebensnahen Einblick...
bezüglich Punkt eins die Frage: sich einen Stern halbwegs zu merken (ich mache meist mit dem Handy ein Photo vom Live-View Bild im MGEN, um dann in einer Folgenacht, möglichst identisch das gewünschte Objekt anzufahren) kann ich noch nachvollziehen, nur wie "fährst du pixelgenau an"?

ad Punkt 2 - genau DAS meinte ich mit Murphy's Law - CCD, CCD-Software, Laptop/PC plus weitere Kabel sind eben einige zusätzliche Möglichkeiten für "Herumzicken" bei Verwendung einer
Astro-CCD.


Gibt es außer der offensichtlichen Tatsache, dass die Astro-CCD über Kühlung verfügt (einige Bastler dies ja für eine SLR gemacht) noch andere Vorteile was die Aufnahmequalität der LIGHTS betrifft?
LG,
Michael S.
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markusblauensteiner
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von markusblauensteiner »

Hallo Michael!

Zum Einstellen:
nach dem Goto ist man ja so halbwegs am gewünschten Ort. Ich öffne dann ein Bild der letzten Nacht und stelle die Maus auf einen beliebigen Stern. Es werden in jeder Software dann die "Pixelkoordinaten" angezeigt. Und genau dorthin stelle ich den Stern wieder.
Ganz genau genommen lasse ich das den Guider machen: ich notiere mir die Position des Leitsternes, sagen wir mal bei 120/214 (ein x-beliebiges Beispiel). Nun stelle ich beim nächsten Mal den Ausschnitt wieder halbwegs passend. Im Guidefenster gebe ich nun bei den Koordinaten des Leitsternes wieder 120/214 ein. Genau dort steht zwar kein Stern, aber er ist schon in der Nähe. Die Differenz korrigiert der Guider von selbst, weil er ja möchte, dass der Leitstern genau dort steht wo er soll.
Hört sich kompliziert an, ist es aber nicht - im Prinzip ähnlich deiner Vorgehensweise mit dem Foto vom MGEN.

Zicken:
Es sind 2 Kabel mehr: USB und Stromversorgung. USB habe ich immer in Reserve, für den Fall der Fälle.
Aber sehen wir es mal so: die Nikon kann eingehen, eine Canon kann eingehen, der Laptop kann eingehen usw. Wenns danach geht, müsste man rein visuell beobachten? Oder anders - wie oft ist dir schon ein PC eingeknickt? Natürlich, die Wahrscheinlichkeit steigt, muss man hinnehmen.

Vorteil OSC:
außer der Kühlung sehe ich kaum einen Vorteil gegen einer astromod. DSLR (egal welcher Marke) neueren Typs. Die Vorteile der Mono-Variante habe ich schon geschildert und bleibe dabei, dass der Zeitaufwand nicht steigt.

LG, Markus
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von HHV »

Danke dir Markus!

Ein Vorteil der SLR ist mir noch eingefallen - Neukauf der aktuellen Generation plus Astromodifikation für 1000 Euro. Die OSC kommt zB bei der QHY 12 auf fast 3000.

;-)

LG,
Michael S.
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markusblauensteiner
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von markusblauensteiner »

Hallo Michael,

ich sehe es ähnlich. Eine prof. Kühlung müsste man noch dazu rechnen. Ich denke, dass alle Besitzer einer OSC mit ihrer Wahl zufrieden sind, das ist schon gut so. Aber das oft strapazierte Argument des Zeitaufwandes sehe ich einfach nicht, ist aber ein anderes Thema. Eine OSC kann dann natürlich erforderlich sein, wenn man ein System wie z.B. ein Hyperstar hat.
Wenn schon, würde ich - bei den Möglichkeiten, die moderne DSLRs bieten - noch mal etwas mehr investieren und eine Mono kaufen. In Vollformat natürlich hart fürs Sparbuch.

LG, Markus
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von HHV »

markusblauensteiner hat geschrieben:Hallo Michael,
Wenn schon, würde ich - bei den Möglichkeiten, die moderne DSLRs bieten - noch mal etwas mehr investieren und eine Mono kaufen. In Vollformat natürlich hart fürs Sparbuch.

LG, Markus

Guten Abend Markus!
Hehe...also eine Vollformat Astro-CCD, gleich ob color oder monochrom, ist mir preislich schon zu heftig. Die QHY 12 wäre für mich gerade noch vertretbar, vor allem weil sie einen APS-C großen Sensor hat, zwar auch nicht "Vollformat" aber jedenfalls weit größer als die so beliebten 8300 Sensoren, was bei meinem Newton, der ja schon 1200mm Brennweite hat, willkommen wäre.

LG,
Michael S.
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von HHV »

Hallo Markus!

Ja, die Entscheidung ist wahrlich nicht einfach. Vor allem weil man ja auch nicht weiß wie das Ergebnis, der Unterschied zu meiner bisherigen Datengewinnung mit der "normalen" SLR sein wird.
Und ad OSC - also wegen des so oft zitierten Zeitgewinns entscheide ich mich nicht gegen die Monochrom-Version, einfach weil es zugänglicher, einfacher ist. Selbiger Grund warum ich bei der Webcam ja auch die Colorversion habe, im Unterschied zu vielen anderen usern hier im Forum.

LG,
Michael S.
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von markusblauensteiner »

Hallo Michael!

Nicht dass du glaubst, ich sei auf einer Bekehrungsmission... :D
Du könntest ja vielleicht OSC-User hier im Forum anschreiben (Josef z.B.), ob sie dir Rohbilder zukommen lassen. Der Vergleich hinkt zwar, weil die Teleskope andere sind, aber das Handling könntest du so kennenlernen.
Selbiges gilt für mich, ich bin gerne bereit, dir Daten der Mono-CCD zukommen zu lassen, z.B die L-RGB Summenbilder zum selber zusammenbauen.

LG, Markus
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von tommy_nawratil »

hallo Michael,

für mich persönlich kommt eine OSC CCD nicht in Frage, der Unterschied zu monochrom ist mir den Aufwand und das Geld nicht wert.
Jeder, der mal gesehen hat wie das eigene Teleskop mit der monochrom Lumi abhebt, wird das bestätigen was das für ein Erlebnis ist.
Die Color bringt dir rauschärmere Bilder und hat mehr Dynamikumfang. Das ist IMHO nicht der grosse Sprung den man sich erhofft,
wenn man so viel Geld in die Hand nimmt. Ich sehe zwischen guten DSLR Bildern und OSC CCD Bildern nicht den grossen Unterschied.
Vielleicht hält ja jemand dagegen mit Argumenten, das würde mich freuen.

lg Tommy
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von HHV »

Guten Abend Tommy & Markus!

Danke für euer Feedback...ad OSC - nun, es wäre für mich ja schon mal nicht schlecht meine "teure" SLR wieder freizuhaben vom Teleskop.
:mrgreen:

EINE FRAGE ist noch aufgetaucht - wie ist das eigentlich mit dem KOMAKORREKTOR an einer Astro-CDD? Haben die alle ein Standardgewinde am Ende drauf, wo zB jener von Pal Gyulay dann eingeschraubt wird? Wie weit wird das Ganze dann in den OAZ versenkt? Bei der SLR ja einfach - bis sie ansteht.

:roll:

LG,
Michael S.
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von tommy_nawratil »

hallo Michael,

der Fokuspunkt deines Newtons ändert sich nicht, nur weil du eine andere Kamera drauf hast.
Man muss dann gucken welches Gewinde die Kamera hat, und wie weit der Chip von diesem Gewinde
in der Kamera drin ist (= Auflagemaß), und dann die Adapter für Übersetzung und den richtigen
Arbeitsabstand des Korrektors wählen (GPU = 55mm).

lg Tommy
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markusblauensteiner
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Re: FRAGEN zum Einsatz einer ASTRO-CCD Kamera

Beitrag von markusblauensteiner »

Hallo Michael,

Tommy schreibts schon, die Kamera ändert nix an den optischen Eigenschaften.
Ich beschreibs gerne bildlich: stelle dir im Fokus deines Teleskops ein Blatt Papier vor. In diese Ebene muss dein Kamerchip. Da die versch. Kameras den Chip alle unterschiedlich weit im Gehäuse drin haben, ist also der freie Platz zum Komakorrektor bei jeder Kamera unterschiedlich groß. Der gehört dann aufgefüllt, mit entsprechenden Adaptern. Für alle gängigen Gewinde an den Kameras gibts Adapter auf alle mögl. Korrektoren, so weit lehne ich mich mal aus dem Fenster.

LG, Markus
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