Beobachtungsbericht vom 18. April 2009

Astronomie, Naturbeobachtung, Mikroskopie...
Antworten
Benutzeravatar
Alrukaba
Austronom
Beiträge: 2811
Registriert: 03.01.2008, 22:53
Wohnort: Brand/Finsternau
Kontaktdaten:

Beobachtungsbericht vom 18. April 2009

Beitrag von Alrukaba »

Gerald hat mich schon zu Mittag belästigt, aber ich wollte noch die Bewölkung abwarten. Nachdem mich am Abend auch noch Michael anrief, gab ich daraufhin mein okay.
Gegen 8 Uhr war Gerald bei mir, wir verluden mein Gerät in sein Auto und fuhren los. Schon nach einigen Kilometer nervte mich sein Navi: „ Schoit de Tussn aus, die kennt si sowieso net aus!“ Häd da Herrgott woin, das si a Frau im Gelände auskennt, häd a in Mau hintan Head gstöt. Aber das ist ein anderes Thema.
Zirka eine halbe Stunde später, wir haben noch mal angehalten um nach Merkur Ausschau zu halten, waren wir an unserem Beobachtungsort auf der Rudolfshöhe bei Steinakirchen und hatten nach kurzer Suche einen geeigneten Platz gefunden. Hier hab ich vor fast 10 Jahren die totale Sofi beobachtet. Ein paar Minuten nach uns war auch Michael dazu gestoßen und kurz nach 21 Uhr fiel das erste Mal das Licht von Saturn durch mein Okular. Links von ihm konnte ich deutlich Titan und Rhea erkennen. Ein Stück oberhalb von Titan konnte ich noch ein Objekt ausmachen, welches ich aber erst zu Hause im Cartes du Ciel eindeutig als Japetus identifizieren konnte. Für Merkur war der Platz zwar nicht geeignet, aber im Westen zogen sowieso Wolken herum.
Plötzlich ein Aufschrei von Michael: „Pfau, so hob i in Saturn duach mei Gerät nu nie gsehn!“ Er hatte wieder seinen Refraktor mit und war vom Erscheinungsbild des Ringplaneten voll Begeistert. Bei ihm konnte ich auch, ganz knapp links an der Kante des Ringsystems, Dione erkennen. Etwas deutlicher als bei mir konnte man auch zwischen den Planeten und den Ringen schon wieder hindurchsehen. Durch Geralds Spektiv konnte man dieses Detail noch nicht sehen, dennoch war auch bei ihm der Herr der Ringe, trotz x-ter Wiederholung, ein schöner Anblick.
Ich machte dann gleich im Löwen weiter und suchte mir, wie schon letzte Woche, das Trio, welches ich da ja nur als Duett beobachten konnte. Es war, schlicht und ergreifend, ein Orientierungsfehler, hätte vielleicht ein Navi gebraucht. Ich suchte die Galaxie NGC 3628 unterhalb, anstatt oberhalb der beiden Messierobjekte. Als nächstes suchte ich mir M 95, M 96, M 105 und NGC 3384 und mußte feststellen, daß ich bald das im Visier hatte von dem Gerald schon eine Weile faselte: „Und wo bitte is do des Leo – Quintett?“ Im 40mm Okular waren herrlich alle vier zu sehen und zeigte sie gleich Gerald, der maulte: „ E kloa, host as wida voa mia gfundn.“ Das gleiche Objekt im 20mm Okular zeigte zwar nicht mehr Details, war aber auch schön anzusehen. Dann noch mal umgeschwenkt auf das Triplet. Es waren zwar nicht so Strukturen wie bei Michael zu sehen, aber deutlich konnte man einen Helligkeitskontrast zwischen Kern und Spiralarme erkennen. Als nächstes folgte NGC 3227, auch die kam noch relativ gut rüber. Als Orientierungshilfe diente mir dabei Algieba, ein schöner Doppelstern im leicht gelblichen Schein. Eine solche Hilfe hätte ich auch bei NGC 3193 und 3190 gebrauchen können. Ich hab zwar zwischen Algieba und zeta Leo mal was verschwommenes im Auge gehabt, könnte aber nicht mit 100%iger Sicherheit sagen, ob das wirklich die gewünschten Objekte waren oder die aufkommende Müdigkeit. Das muß ich wohl beim nächsten Mal noch mal nachprüfen. Mit Sicherheit hatte ich aber NGC 2903, im Kopf des Löwen, erfolgreich eingefangen. Damit schloß ich meinen Streifzug durch den König der Tiere.
Michael machte sich zwischendurch noch mal auf die Suche nach dem geheimnisvollen Blinker von voriger Woche. Er fand zwar die Stelle um die gleiche Zeit wieder, konnte aber nichts mehr blinken sehen. Außerdem meinte er, daß er letztes Mal nur einen Leitstern hatte, weshalb die Koordinaten nicht ganz so exakt waren.
Anschließend machten wir einen kurzen Spaziergang zum nahen Baumkreis. Der Baum- und Strauchkreis, der aus lauter heimischen Pflanzen besteht, wurde zur Sommersonnenwende 2002 eingeweiht. Ein 6,5 Meter hoher Obelisk aus Granit, steht in der Mitte des Kreises und dient als Sonnenuhr, wobei der Schatten auf 12 Betonquadern fällt, welche lauter umliegende Pfarren symbolisieren. Auf zwei nach Norden verlaufenden Schienen der ehemaligen Schmalspurbahn, sind drei Metallkugeln angebracht, welche die Schattenlängen zu den zwei Sonnenwenden bzw. der beiden Tag-und Nachtgleichen anzeigen. Am nördlichen Ende der Schienen sind zwei Sitze befestigt, von denen man durch zwei Röhren den Polarstern betrachten kann. Von der Südseite der Sonnenuhr werde ich beim nächsten Mal, wenn ich mein Fotostativ nicht wieder vergesse, eine Langzeitbelichtung machen mit Polaris an der Spitze des Obelisken. Ein paar hundert Meter unterhalb unseres Beobachtungsplatzes wäre dann noch, an einem Waldrand, ein Meridianstein mit einem Schmiedeeisernen Globus, der auf dem 15. Längengrad steht.
Das Seeing war sehr wechselhaft, aber brauchbar und das bei flauen Wind und ca. +6°. Es war dunkel genug, um direkt Sterne bis 5., indirekt sogar bis 6. Größe zu erkennen.
Wieder zurück an unseren Beobachtungsplatz holte Michael nacheinander M 104, M 3 sowie M 51 und M 13 ins Okular. Mit dem Feldstecher betrachtete ich dann erst die Krippe und danach den Koma-Haufen.
Michael richtete schließlich seinen Refraktor auf M 81 und M 82 im Großen Bären, ehe Gerald, der von den immer wieder hörbaren Käuzchenrufen ganz hin und hergerissen, auf ein Galaxienhopping durch den Virgohaufen mit Michaels Goto drängte. Erst wollte er aber den Doppelstern Porrima oder gamma Virgo betrachten. Hier umkreisen sich zwei gleich helle Komponente in 171 Jahren. Dann ging es per Anhalter durch die Galaxien. Los ging es in den südlichen Außenbezirken mit M 61. Weiter mit der Vorortgalaxie M 49 und dann direkt hinein ins Zentrum zu M 87, M 86, M 84 und wieder hinaus zu NGC 4261, einer westlichen Provinzgalaxie. Kurzer Stopp bei Alfs Melmak Drive in wo wir uns mit einem Katzenburger und Virgin Cola stärkten. Dann weiter, an der Big City vorbei, zu M 99, M 98 und M 100 bis ganz hinauf in den Norden zu M 85. Dann in einer Spitzkehre, do hätt i fost a Speibsackal braucht, wieder zurück über die Randgemeinden M 88 und M 91, in Richtung Zentrum. Da machten wir halt an Kirks Spaceship Store wo wir einen Black Hole Cafe und Quasarmuffins zu uns nahmen. Dann beim Kreisverkehr gerade aus an Spocks Vulcan Logistik Center vorbei mitten hinein nach Downtown zu M 90 und M 89. Nach einer kurzen geradeausstrecke schließlich scharf rechts zu M 58, M 59 und M 60. Geendet hat die Fahrt ganz im Osten des Haufens bei NGC 4762. Von da nahm ich alleine ein Space Taxi zu M 13, den ich bis 111 facher Vergrößerung noch halbwegs gut reinbrachte. Von da beamte ich noch Mal runter zu Saturn, der schon auf halber Höhe nach Westen gewandert war.
Kurz vor ½ 1 Uhr beendeten wir dann unsere Beobachtung. Erst brachten wir Michael nach Hause. Da meldete sich wieder die elektronische Blondiene: „ Bitte links abbiegen.“ „Na, vagiß de Tussn, foa grod!“ waren Michaels und meine Reaktion. Danach holten wir unsere Geräte und fuhren, dem Navi nicht mehr folgend, auch nach Hause.
http://www.astrostation.at

Der größte Irrtum der Menschheit ist der Glaube intelligent zu sein.
Bocki
Beiträge: 80
Registriert: 11.01.2008, 14:56

Beitrag von Bocki »

"Gerald hat mich schon zu Mittag belästigt...."

HAHAHA - das is wieder ein Schenkelklopfer - gleich am Anfang! Is er motiviert gewesen, da Gerald! Cooler Bericht, danke. Der Platz in Steinakirchen wäre für mich, von der Fahrzeit her, auch sehr gut....!

LG, David
18" Hubble Optics / Martini-Dobson
Benutzeravatar
Josef
Austronom
Beiträge: 4053
Registriert: 03.01.2008, 18:23
Wohnort: Saxen
Kontaktdaten:

Beitrag von Josef »

Toller Bericht Alex, wie immer!!!!! :P
Benutzeravatar
Alrukaba
Austronom
Beiträge: 2811
Registriert: 03.01.2008, 22:53
Wohnort: Brand/Finsternau
Kontaktdaten:

Beitrag von Alrukaba »

Hallo David, servus Sepp!

Danke erst mal für eure lobenden Worte. Da werden wir in Zukunft, bei nicht so guten Bewölkungsaussichten oder wenn wir mal nicht so weit fahren wollen, öfter beobachten. Kurt, Michael, du und natürlich auch wir aus Amstetten haben alle nur kurze Anfahrtswege, in 20 Minuten sind wir oben. Und wenn es Sepp mal juckt, kann er sich uns ja anschließen. Trotzdem hab ich schon fast Entzugserscheinungen, was die Alm betrifft.

Alex
http://www.astrostation.at

Der größte Irrtum der Menschheit ist der Glaube intelligent zu sein.
Benutzeravatar
Joe_Malik
Austronom
Beiträge: 135
Registriert: 04.01.2008, 00:49
Wohnort: 2724

Re: Beobachtungsbericht vom 18. April 2009

Beitrag von Joe_Malik »

Alrukaba hat geschrieben:„Na, vagiß de Tussn, foa grod!“
Hahaha!! I lieg scho wieda hoiwat am Bodn vor lauta lochn! :lol:

Wieder einmal ein großartiger Bericht von dir, Alex! Unterhaltsam wie eh und je, und astronomisch hochinteressant.

LG Christian
Benutzeravatar
Alrukaba
Austronom
Beiträge: 2811
Registriert: 03.01.2008, 22:53
Wohnort: Brand/Finsternau
Kontaktdaten:

Beitrag von Alrukaba »

Hallo Christian!

Danke für deine positive Reaktion, ich hoffe du kommst auch wieder hoch. Die Astronomie ist meiner Meinung nach, eine sehr trockene Wissenschaft, wenn man es proffesionell betreibt. All die Berechnungen, Forschungen und dabei ist das meiste nur Theorie. Ehrlich gesagt, schmeckt mir Bier besser als ein Martini, und die Astronomie ist eher ein Martini. Und um in diese trockene Marterie etwas aufzufrischen, wandle ich einfach Martini in Bier um und siehe da, manche amüsieren sich darüber. Ich werde mich bemühen und diese Linie beibehalten, denn genau das ist meine Absicht. Ich will andere mit meinen Berichten zur Beobachtung der Objekte anregen, so gut wie es geht darüber informieren und mit meinen etwas anderen "Stil", unterhalten. Man liest sich

Alex
http://www.astrostation.at

Der größte Irrtum der Menschheit ist der Glaube intelligent zu sein.
spiderfreak
Beiträge: 43
Registriert: 05.12.2008, 21:59
Wohnort: Kleinschweinbarth/ Bezirk Mistelbach im Weinviertel

Beitrag von spiderfreak »

hi

guter Bericht, aber am Besten gefällt ma deine Einstellung zu dem Navi :lol:

lg
Ich wünsch euch eine klare Nacht!!
Benutzeravatar
prokyon
Austronom
Beiträge: 3389
Registriert: 04.03.2008, 02:17
Wohnort: Gurk
Kontaktdaten:

Beitrag von prokyon »

Toller und unterhaltsam geschriebener Bericht!

Ich muss unbedingt auch wieder mehr visuell beobachten. Das ist viel entspannender als das Fotografieren.
Na ja, vielleicht kann ich jetzt ja, da ich einen Autoguider hab beides machen... :roll: . Aber ob das dann entspannend ist...

Nein, nein, eine richtig ausgiebige visuelle Beobachtungsnacht im Kreise gleichgesinnter muss wieder her!

Solche Berichte führen mir das eindeutig vor Augen, danke! :D
Ich liebe die Sterne zu sehr um die Nacht zu fürchten.

http://www.starrymetalnights.at
Benutzeravatar
Alrukaba
Austronom
Beiträge: 2811
Registriert: 03.01.2008, 22:53
Wohnort: Brand/Finsternau
Kontaktdaten:

Beitrag von Alrukaba »

Hallo Spider, servus Prokyon!

Erstmal danke für euer Lob. Spider, ich habe mich zwar noch nie einem Navi anvertraut, aber dafür habe ich schon zu viele LKW gesehen, welche dank des Navi nicht mehr weiter konnten. Ich vertraue da lieber dem guten alten K U S S, dem Karten unterstützten Suchsystem.
Werner, ich glaube es wird höchste Zeit, daß du deine Kamera wieder mal zu Seite legst und dich der visuellen Beobachtung hingibst

tschüß Alex
http://www.astrostation.at

Der größte Irrtum der Menschheit ist der Glaube intelligent zu sein.
Antworten