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Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 02.06.2018, 07:43
von TONI_B
Es ist ja wahrscheinlich kaum jemanden entgangen, dass ich in letzter Zeit nicht wirklich zufrieden war mit meinen Ergebnissen. Auch wenn das eine oder andere Dep-Sky Bild halbwegs vernünftig ausschaut, habe ich das Gefühl, dass mit besserer EBV noch mehr ginge und vorallem dass meine Rohbilder zu viel rauschen bzw. dass das SNR nicht gut ist. Denn auch wenn ich 4 oder 5 Stunden (teilweise mehr als 10 Stunden) belichte, kämpfe ich mit dem Rauschen.

Daher meine Frage: ist dieses Rohbild zu kurz oder zu lange belichtet? Ist das Rauschen normal?

Bild

Aufgenommen mit dem 12"RC mit Riccardi-Reducer (f=1865mm); ASI071 mit G=90; T=-10°C; 6min Belichtungszeit bei SQM=19,9...20,1

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 02.06.2018, 13:22
von HHV
Servus Toni!

Biete dir hier einen Vergleich an - ich habe ja nur 1200mm Brennweite und daher auch mit APS-C sized DSLR ein weiteres Feld als du, aber auch mit 24MP auch ein paar Pixel mehr, somit sehen unsere 100% Ausschnitte, also tatsächliche Größe fast identisch aus. :mrgreen:

Ich habe meine RAW-Datei (im Kameramenü "Entrauschen" zwar auf off gestellt, aber bekanntlich gibt es ja geheimnisvolle Vorgänge bereits on-chip, seit Canon dies eingeführt hat vor Jahren, also das Beurteilen des "Rauschens" mit Vorsicht) und dann in PI debayered und als .jpg in höchster Qualität gespeichert. Dann dein und mein jpg in PS geöffnet und beide 100% Ansicht genommen und beschnitten:
Bild

Ich hatte iso400 und 600s Belichtungszeit und eine ungekühlte DSLR, da sollte mein Rauschen eigentlich schlechter sein, würde ich zumindest erwarten,
deines ist aber grobkörniger, so verschwindet bei dir links oberhalb vom Zentrum von NGC4565 aber schon beinahe diese kleine Galaxie. Dann fällt auch auf, dass du weniger Sterne hast - ist dies das sogenannte "Star-Eater" Problem, das hier auftritt, oder nur weil du wohl zu kurz belichtet hast?


Da ich meine Version am 29. März 2017 aufgenommen habe, bei mir zuhause auf nur 243m Seehöhe, kann man auch nicht argumentieren, dass es so kalt gewesen wäre. Da waren gewiss auch schon 10° plus.

Hoffe dir damit geholfen zu haben,

Michael S.

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 02.06.2018, 16:42
von TONI_B
Danke für deine Mühe!

Ja, das bestätigt irgendwie mein Gefühl, dass das SNR schlecht ist - wahrscheinlich aufgrund des schlechten Himmels. Denn auch wenn ich statt 6 min 10min belichtet hätte, wär wohl kaum mehr drauf gewesen, sondern eher das Rauschen noch stärker gewesen.

Das Star-Eater Problem kann aber hier absolut keine Rolle spielen, da es die ASI071 war und nicht eine SONY-DSLR, denn nur die haben dieses Problem aufgrund der firmware. Und auch das würde keine Rolle spielen bei der Brennweite und den Sterngrößen. Das wirkt sich nur aus, wenn die Sterne 2-3 Pixel groß sind - was bei mir nie der Fall ist...

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 02.06.2018, 17:24
von HHV
Servus Toni!

Alles klar, wie gesagt, was im Geheimen auf dem Chip selbst schon passiert wissen wir nicht, aber schlussendlich auch nicht wichtig, da ja keinen Einfluss drauf habe.

Wird dann wohl doch die Himmelsqualität sein.

CS,
Michael S.

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 03.06.2018, 05:54
von TONI_B
Auf dem Chip passiert bei der ASI sicher nichts. Bei DSLRs ist es bekannt, dass auch die RAWs schon bearbeitet sind - das macht die firmware der Kameras bzw. der kameraintere Prozessor.

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 03.06.2018, 09:58
von HHV
Guten Morgen Toni!

Ich hatte damit eh die DSLRs gemeint.

LG,
Michael S.

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 04.06.2018, 12:49
von markusblauensteiner
Hallo Toni!

Nicht ganz einfach zu beantworten...weil die rein visuelle Beurteilung ob "gut" oder "schlecht" eine gefährliche Sache ist.
Man kann ja fast jedes Bild so aufziehen, dass es am Ende grauslich ausschaut.
Ich nehme mal an, hier ist nur STF gemacht oder etwas in diese Richtung. Dann muss ich sagen, dass mich - nur visuell - das Rauschen schon erschreckt.
Es erinnert mich an meine 1000D, nun wirklich nicht das Neueste vom Neuesten.

Was mich aber noch mehr irritiert, ist das Fehlen einiger Sterne (so zB rechts unterhalb der oberen Galaxienhälfte). An anderen Stellen hast du ja gleich schwache Objekte und Sterne drauf wie Michael. :shock:

LG, Markus

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 04.06.2018, 14:27
von TONI_B
Markus, Danke fürs Anschauen!

Ja, es wurde STF mit default Einstellungen angewendet und dann als jpg abgespeichert. Sonst keine EBV. Gekühlt war auf -20°C. Das mit den fehlenden Sternen ist so eine Sache, denn in etwa zur gleichen Zeit hat sich die ASI071 bei T<-10°C zeitweise beschlagen. Nur war dieses Beschlagen sehr deutlich zu sehen:

LINK

Aber vielleicht trägt es auch hier dazu bei, dass so wenig drauf ist!?

Ich brauch eindeutig einen besseren Himmel oder ich muss auf Mono umstiegen...

lG
TONI

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 04.06.2018, 16:23
von markusblauensteiner
Hallo Toni,

wenn es hier eine Serie gibt, kannst du die Rohbilder ja inspizieren, ob die Sterne immer fehlen oder langsam verschwinden.
Aber ich versteh dich schon...die Galaxie-Enden verschwinden im Rauschen...entweder rauscht das sehr viel oder es kommt wenig Signal an. Die arme Galaxie muss sich da erst durchkämpfen.
Kannst du eine deiner anderen ASIs anbauen und vergleichen?

LG, Markus

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 04.06.2018, 18:45
von TONI_B
markusblauensteiner hat geschrieben:wenn es hier eine Serie gibt, kannst du die Rohbilder ja inspizieren, ob die Sterne immer fehlen oder langsam verschwinden.
Ok, wird gemacht...
markusblauensteiner hat geschrieben:Aber ich versteh dich schon...die Galaxie-Enden verschwinden im Rauschen...entweder rauscht das sehr viel oder es kommt wenig Signal an.
Ich fürchte eher, dass das Signal der Galaxie im Hintergrund, der halt sehr hell ist bei mir, ersäuft. :cry:

markusblauensteiner hat geschrieben:Kannst du eine deiner anderen ASIs anbauen und vergleichen?
Ich habe nur die eine gekühlte ASI071. Alle anderen sind ungekühlt - das hätte nicht viel Sinn.

In den letzten Tagen habe ich mir schon Gedanken gemacht, ob die Belichtungszeit von 6min bei einem Gain von 90 ("UnityGain") überhaupt optimal ist. Stichwort "Hintergrund-Limitiert"! Obwohl ich viel herum gesucht habe, bin ich nicht fündig geworden, wie man testen kann, ob die Belichtungszeit optimal ist. Wie könnte man das für einen bestimmten Standort herausfinden?

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 04.06.2018, 19:35
von markusblauensteiner
Hallo Toni!

Wir müssen aufpassen! Die STF ist kein Messinstrument, sondern ein Visualisierungstool. Ein Scheinwerfer, wie Tommy so schön sagt.
Ich kann dir versichern, dass damit auch langbelichtete Bilder vom guten Standort aus "grauslich" aussehen. Sie zieht ja hoch, was nur geht.
Daher gehe ich auch davon aus, dass das Rauschen vom visuellen Eindruck her auch auf länger belichten Einzelbildern recht ähnlich aussehen sollte.
Deine fehlenden Sterne und schwache Galaxie lassen sich ja bedingt auch durch die Blende erklären, der f/4 Newton muss da mehr liefern als das f/8 RC.
Wie gesagt, mich irritiert nur, dass du im Vergleich teils die schwachen Sternchen drauf hast, teils nicht.

Alles weitere ist nun Bauchgefühl. "Hintergrundlimitiert" heißt ja nur, dass das "Himmelsrauschen" dein "Systemrauschen" dominieren soll. Die Schwelle soll auf alle Fälle überschritten werden.
Das heißt aber nicht, dass man keinesfalls länger belichten darf.
Hier hat es nun die Galaxie ganz offenbar schwer, sich gegen das Rauschen durchzusetzen. Gesetzt aber den Fall, das Rauschen bleibt bei längeren Frames gleich. Dann hat die Galaxie länger die Chance,
ihre Photonen auf deinem Chip abzuladen. Kurz gesagt, sie sollte sich eher übers Rauschen erheben. Und meinem Gefühl nach ist alles, was am Rohbild (!) schon überm Rauschen liegt, einfach besser herauszuarbeiten.
Natürlich nimmt das Rauschen beim Mitteln in gewissem Maße ab.

Und - vielleicht beurteilt sich ein kalibriertes Rohbild auch besser, weil die ganzen systembedingten Erscheinungen dann aus der Betrachtung rausfallen.

LG, Markus

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 04.06.2018, 21:33
von tommy_nawratil
hallo,

der Vergleich ist ein bissl unfair, weil Pixelscale und Öffnungsverhältnis unterschiedlich sind.
Das sind ja die wichtigsten Faktoren zum vergleichen.

Bei dir Toni, sind es 206 * 4,78 / 1865 = 0,53" pro Pixel
(edit: hatte zuerst einen falschen Pixelpitch)

beim Michael 206 * 3,89 / 1200 = 0,67" pro Pixel - also 1,3x mehr und dadurch weniger oversampling

Dazu kommt dass Michael bei f/4,7 arbeitet und du Toni bei f/7,2 effektiv (mit FS Abschattung).
Brauchst fürs selbe Signal also mehr als die doppelte Belichtungszeit.
Und der große FS macht zusätzlich zur Pixelscale noch etwas weichere Sterne.
Daher die kleineren und kompakteren Sterne bei Michael.
Das Seeing spielt auch eine Rolle, darüber wissen wir jetzt aber nichts.

Michael hat natürlich mit SQM-L über 21 einen ganz ausgezeichneten Himmel.
Aber ich glaube nicht dass meiner so viel besser ist als deiner, Toni.
Da geht also trotz dem starken Streulichtsockel sehr viel,
siehe auch Herwigs Bilder aus Wien-Josefstadt (Gezeitenschweife in Stephans Quintett LRGB, etc).
Wir werden uns die Bilder dann eh auch mal zusammen anschauen und analysieren.
Mono ist übrigens immer eine gute Idee.

Yep, gescheiter ist man misst die S/N am kalibrierten Roh und auch Summenbild.

lg Tommy

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 04.06.2018, 22:30
von TONI_B
Hallo Leute,
also ich find´s echt super dass ihr euch mit meinen Daten so intensiv beschäftigt! :D

Ich habe versucht ein wenig quantitativer heran zu gehen und habe in PI die Statistik-Funktion bemüht (alle Werte für 16Bit also 0-65535):

Das Master-Dark hat einen Mittelwert von 254,96; einen Median von 254,78 und eine Standardabweichung von 3,76. Ein Einzel-Dark hat einen MW von 255,4; einen Median von 256,0 und eine STABW von 10,5. Das Master-Bias hat MW und Median von 252,8. Damit scheint die Kühlung ja gut genug zu sein, oder?

Im Netz habe ich gelesen, dass das Rauschen des Himmelshintergrundes in einem Light ca. 3x so hoch sein sollte wie das Rauschen durch die Kamera. Dazu habe ich (wie im Netz beschrieben) das Master-Dark von einem Einzel-Dark abgezogen und erhalte einen MW von ca. 8 mit einer STABW von ca. 6. D.h. mal 3 ergibt ca. 20. Damit ein Signal ein Rauschen von 20 ergibt, sollte das Signal 400 haben. Meine Lights haben ca. 800 im Hintergrund an Signal. Also brauch ich sicher nicht länger belichten mit Gain=90 (=Unity-Gain).

Ich habe auch noch einige Serien mit G=0 (maximale Dynamik) und 6min Belichtungszeit gemacht und diese Aufnahmen kommen mir etwas besser vor. Vielleicht sollte ich das in Zukunft ob meines schlechten Himmels eher machen.

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 04.06.2018, 22:56
von markusblauensteiner
Hallo Toni!
Im Netz habe ich gelesen, dass das Rauschen des Himmelshintergrundes in einem Light ca. 3x so hoch sein sollte wie das Rauschen durch die Kamera
Ich nehme an, das bezieht sich auf das Thema Hintergrundlimitiert. Dass du dafür nicht länger belichten musst, klingt plausibel.
Aber den Hintergrund (im Rahmen) noch heller werden lassen schadet sicher auch nicht, und die Objekte haben länger Zeit, Signal am Chip zu hinterlassen.
Ich denke also immer noch, dass die längere Einzelbelichtungen nicht schaden. Auf einen Versuch wäre ich neugierig, ist eine sehr interessante Sache!

LG, Markus

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 05.06.2018, 06:51
von TONI_B
Ja, hat sich auf die Hintergrundlimitierung bezogen. Der Artikel, den ich gefunden habe, klingt seriös und plausibel. Auf die 6min bin ich eher durch die parallel mitlaufenden DSLR-Kameras (SONY A7 mod.) gekommen, da ich dort bei ISO800 Histogramme bei den RAWs bekomme, die mir vernünftig erschienen ("Buckel nicht ganz links, eher bei 1/3").

Aber falls es das Wetter wieder mal zuläßt, werde ich ein paar Versuche machen.

Re: Sind das gute Rohdaten?

Verfasst: 12.06.2018, 22:00
von RiedlRud
Lieber Toni und Michael!
Ich kann nur ein paar Beispielbilder von mir bringen um das Thema Rauschen auch anzuschneiden.
Ich habe NGC 4565 nur zwei Tage nach Michael aufgenommen. Bitte nicht auf die Abbildung schauen, da habe ich verschiedene Reducer probiert. Immer ein 100% Crop vom direkten RAW Bild umgewandelt in JPG,aus der auf neutral gestellten Kameras. Die kleine Nikon D5100 ist astromodifiziert, die große D750 nicht.

5min, 1600 ASA mit Nikon D5100a Brennweite F2240mm dadurch der kleine Ausschnitt
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Bei 10 min sonst wie vor ein Bild des Medusa Nebels bei minus 4 Grad und SQM 21,5 aber bei f 2100mm
Bild

zum Schluß noch ein Bild mit der großen Nikon D750 von NGC 5027 bei f2000mm, auch 1600 ASA und 5 Min.

Bild

Interessant ist das unterschiedliche Rauschen auch zur Kamera von Michael und speziell zu deiner, Toni. Meine alte Nikon ist da relativ gutmütig glaube ich zumindest.

LG Rudi