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IC434, NGC 2023, Sigma Orioni und der unbezähmbare Alnitak

Verfasst: 13.01.2019, 11:51
von Überläufer
Kaum ein Bild wird im Winter so oft gezeigt wie der Pferdekopfnebel. Und kaum ein Bild macht so viele Probleme, wie gerade die größten und prominentesten Beispiele, wie M42, M31, M33 oder M57, um nur einige zu nennen. Der Pferdekopf reiht sich hier nahtlos ein und bei der Bearbeitung habe ich mich oft gefragt, ob ich bei dem Motiv im wahrsten Sinne des Wortes nicht aufs falsche Pferd gessetzt habe.
Eine große Herausforderung bei der Bearbeitung ist es, die Strukturen des Halpha im Osten darzustellen ohne auf den dekorativen Reflexionsnebel NGC 2023 zu verszichten, oder ihn "absaufen" zu lassen. Dann gibt es noch die bildkompositorische Entscheidung: Alnitak mit aufs Bild oder aussparen? Man hat ja noch Sigma Orioni als dekoratives Element, wenn die Brennweite passt.
Ich dachte mir, dass einerseits Alnitak dem Pferdchen die Show stehlen würde und es durch sein Einbeziehen etwas ins Eck geraten würde. Andererseits sieht man, dass sich Alnitak nicht so leicht geschlagen gibt. Man kann sein Hereinstrahlen jetzt als Schwäche dieser Entscheidung auslegen oder den Hauptstrahl als kompositorisches Element betrachten, das fast einen goldenen Schnitt andeutet (wenn man HIP 26756 etwas nördlich vom Pferd als senkrechten Teiler des Bildes wahrnimmt).
Wenn man Referenzbilder mit langen Belichtungszeiten heranzieht, sieht man, dass südwestlich vom Hauptmotiv leichte Schleier vorhanden sind. Was man auf den Referenzbildern oft schwer erkennen kann, ist, woraus diese Schleier bestehen (das 50-h-Referenzbild zeigte mir graue Nebelstrukturen). Ich nahm an, dass es sich um Dunkelwolken handelt, weshalb ich auch einige Zeit in L-Aufnahmen investierte. Nur: Auf den gestackten Luminanzbildern war zwar etwas Helles erkennbar, was bei Unkenntnis der Referenzbilder erbarmungslos der DBE zum Opfer gefallen wäre, doch fehlten komplett die Strukturen. - Hier also wieder auf das falsche Pferd gesetzt? Da das gute Wetter und der Urlaub noch anhielten, änderte ich meinen Plan und sammelte noch einige Halpha-Aufnahmen. Wenn man dann den Stack betrachtet, wird es klar: Nix Dunkelnebel, H2-Region! Trotz langer Belichtungszeiten (30 x 900 s, also 7,5 h) hätte ich noch mehr Zeit gebraucht, um diese Strukturen gegen das Rauschen besser hervortreten lassen zu können.
Was aber mache ich mit NGC 2023? Mische ich Halpha ins Rot und verwende die Luminanzaufnahmen dafür, wofür sie dem Namen nach stehen, verschwinden nicht nur die Strukturen südwestlich, sondern auch östlich (im Bild oben). Nehme ich Halpha für die Luminanz (und opfere meine 86 x 300 s (also ca. 7 h) L-Aufnahmen, sehe ich zwar die Strukturen in Halpha, dafür wird aber NGC 2023 als Reflexionsnebel mickrig, der lebt ja vom Blauen. In meiner Verzweiflung bin ich von PI nach PS gewechselt (also nur einen Buchstaben weiter) und spielte mich mit verschiedenen Blend-Verfahren zwischen Halpha und L. Bei Screen wurde ich fündig doch hatte ich Schwierigkeiten, das Ergebnis dann wieder in PI weiterzuverarbeiten. Nach kurzer Recherche fand ich die Formel für Screen und verwendete Pixelmath in PI, um zu einem ähnlichen Ergebnis wie in PS zu kommen. (Später sah ich dann, dass es dafür das fertige Blend-Script gibt.) Manche werden sagen: Für diese Belichtungszeit rauscht das Bild aber gewaltig. Ja, das tut es. Nach einigen Versuchen entrausche ich nur mehr im linearen Bereich und das nur mäßig. Es gibt einfach zu viele Artefakte, die man nur schwer in den Griff bekommt. Das Bild entspricht eher dem Architekturstil, bei dem ma die nackten Betonwände sieht, um die Konstruktion sichtbar zu machen (nicht umsonst ist das Bild in unmittelbarer Nähe zum Gebäude der Universität Klagenfurt entstanden, das genau in diesem Stil gebaut wurde).
Zur Datengewinnung wäre noch zu sagen, dass ich den Perfektionismus vom letzten Jahr habe bleiben lassen, weshalb es in der linken oberen Ecke nicht so rund läuft, besonders bei den Sternen. Fokus lag auf dem Fokus, dem Bildausschnitt und der Datenmenge. Mit SGP habe ich ein Tool gefunden, zwei Objekte in einer Nacht mit minimaler manueller Intervention fast vollständig automatisiert aufzunehmen (NGC 660 bis 22:30 Uhr, IC434 den Rest der Nacht). Ganz ohne Kontrolle geht es aber nicht. Manchmal spinnt ein USB-Hub, manchmal muss man eine Kamera neu starten, manchmal versagt das Platesolving. Routinevorgänge werden aber bestens erledigt. Der Wechsel von APT auf SGP erfolgte schweren Herzens, schließlich hat mich APT jahrelang begleitet. Doch spontane Abstürze vorwiegend um Mitternacht haben mich dazu gebracht, den Wechsel zu vollziehen.
Conclusio: Selbst wenn man "nur" Pretty Pics" machen will, zahlt sich zumindest rudimentäres astronomisches Wissen aus. Und es ist klar: Obwohl das mein dritter Anlauf für dieses Motiv ist, lerne ich jedes Jahr dazu. Diesmal: Mehr Halpha, und man kann aus dem Motiv noch mehr herausholen.

Bild

-Erich

Re: IC434, NGC 2023, Sigma Orioni und der unbezähmbare Alnitak

Verfasst: 13.01.2019, 15:25
von Josef
Hallo Erich!

Der Kerl ist immer schwierig mit ein wenig mehr Brennweite.
Finde ist Dir aber sehr gut gelungen.
SGP wäre mal eine Überlegung wert, mal sehen.

Re: IC434, NGC 2023, Sigma Orioni und der unbezähmbare Alnitak

Verfasst: 13.01.2019, 17:11
von Überläufer
Danke Josef,
ja, SGP ist wieder ein Werkzeug für sich, das beherrscht werden will. Ich habe mir dafür im Urlaub auch viel Zeit genommen und natürlich jeden Schritt am Anfang überwacht, was auch notwendig war, denn ein paar Einstellungen sind etwas weit verstreut, sodass man die Übersicht verliert, was jetzt wirklich wann gilt.

-Erich

Re: IC434, NGC 2023, Sigma Orioni und der unbezähmbare Alnitak

Verfasst: 15.01.2019, 12:05
von RiedlRud
Hallo Erich!
Sehr schönes Bild vom Pferdekopf zusammen mit NGC 2023. Du hast ja unglaublich viel Belichtungszeit über die Ferien zusammenbekommen. Gratuliere zum Bild. LG Rudi

Re: IC434, NGC 2023, Sigma Orioni und der unbezähmbare Alnitak

Verfasst: 15.01.2019, 21:05
von Überläufer
Hallo Rudi,
vielen Dank. Du bist ja bei Deiner Version viel ökonomischer unterwegs gewesen. Ich habe nicht das Gefühl, mit meinem Aufwand mehr herausgeholt zu haben.

-Erich

Re: IC434, NGC 2023, Sigma Orioni und der unbezähmbare Alnitak

Verfasst: 17.01.2019, 18:19
von RiedlRud
Hallo Erich!
Ja, ich habe viel weniger Zeit gebraucht, aber wenn du genau nachschaust, dann sieht man bei deinem Bild die vielen schwachen Details im Pferdekopf, die mir noch fehlen. Es geht leider nichts über Belichtungszeit. Ich freue mich trotzdem über mein vorläufiges Ergebnis bin aber erst in der Halbzeit.
LG Rudi

Re: IC434, NGC 2023, Sigma Orioni und der unbezähmbare Alnitak

Verfasst: 24.01.2019, 10:11
von markusblauensteiner
Hallo Erich!

Die lange Belichtungszeit hat sich absolut bezahlt gemacht. Das Einblenden von ha ist gut gelungen, der Reflexionsnebel
strahlt noch in voller Pracht, und gleichzeitig zeigt sich aber die feine rote Struktur in seinem Zentrum.

LG, Markus