Frage zu Darks

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wstroh
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Frage zu Darks

Beitrag von wstroh »

Hallo!

Weil im letzten Thread gefragt und erklärt wurde, was Darks sind, möchte ich als visueller Astronom ohne fotografische Erfahrung noch eine Frage dazu stellen: Meine Nikon D80 bietet die Option "Langzeitbelichtung". Wenn ich das aktiviere und z. B. 1 min belichte, dann dauert es 2 min, bis die Kamera wieder betriebsbereit ist. Bei Testbildern in einem schummrig beleuchteten Zimmer habe ich gesehen, dass das Rauschen mit "Langzeitbelichtung" wesentlich geringer als ohne ist. Macht die Kamera hier automatisch ein Dark? Könnte ich mir bei der Astrofotografie das händische Erstellen von Darks ersparen?

Clear skies,
Wolfgang
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prokyon
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Beitrag von prokyon »

Grundsätzlich ja!

Die Kamera macht im Prinzip auch nichts anderes. Es wird immer wieder diskutiert, was besser ist.
Der Vorteil beim nachträglichen Erstellen und manuellen Abziehen der Darks ist vor allem der Zeitgewinn beim Aufnehmen.
Wenn das die Kamera macht, braucht man für jede Aufnahme doppelt so lang.

cs

werner
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Daniel_Guetl
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Beitrag von Daniel_Guetl »

Hallo Wolfgang,

was Werner vergessen hat zu erwähnen (oder selbst nicht weiß?) ist dass es auf diese Frage nur eine richtige Antwort gibt. Es wird nur von Leuten diskutiert die nix von der Materie verstehen. Ein nachträglicher Darkframeabzug mit mehreren gemittelten Darks ist immer überlegen!

Fakt ist dass ein einzelnes "echtes" Dark (eine Spiegelreflex macht keine echte Darkkalibrierung, da wird zusätzlich noch Softwareseitig herumgetrickst) zusätzliches Rauschen hineinbringt. Bei der Spiegelreflex hat ein simpler Einzeldarkabzug nur so einen starken sichtbaren Verbesserungseffekt, weil die DSLR verdammt viele Hot und Coldpixel in Blau und Rot aufweist, welche dadurch abgezogen werden können. Man erhöht damit aber gleichzeitig das zufällige Rauschen um 41%.

quelle: Maxim DL Image Processing Tutorial von Cyanogen:
A dark frame is an exposure taken under the same conditions as the light exposure, but with no light striking the array. Since each pixel is consistent in its dark current at any one temperature, the dark frame can be subtracted from the light frame to remove the fixed pattern from the image. For most sensors this produces a striking improvement in the image.

Unfortunately, while the rate of dark current is constant, the actual accumulation of dark current is random. Anything that is random in imaging is noise, which is the enemy of sensitivity. Doubling the dark current increases the random noise produced by the square root of 2 (approximately 1.414). This means the hot pixels produce significantly more noise. Since the noise is random and therefore unpredictable, it cannot be removed; in some calibrated images they will be brighter than normal, and in others they will be darker than normal. You can improve the hot pixels, but you cannot completely fix them.

So subtracting a dark frame eliminates noise, because it gets rid of the gross pixel-to-pixel variations in dark current. Unfortunately, and perhaps counterintuitively, subtracting a dark frame also adds noise to the image. Every pixel has random read noise, plus the residual dark current noise. This noise does not subtract, but rather adds in a root-sum-square fashion. Therefore simply subtracting one dark frame increases the noise level 41%. The way to get rid of this noise is to average it out of the dark frame by averaging. Every time you quadruple the number of averaged frames, you drop the noise contribution by half.

Viele Grüße

Daniel


edit: Anmerkung: genau aus diesem Grund mittle ich immer 30 Flats, 30 Bias und 30 Darks. Wenn wir von 41% zusätzlichen Zufallsrauschen bei einem Bild ausgehen, habich noch 30 Darks nur mehr 0,7% zusätzliches Rauschen...das ist vernachlässigbar und der positive Effekt der Darkframes überwiegt bei weitem!
Zuletzt geändert von Daniel_Guetl am 19.02.2010, 21:28, insgesamt 1-mal geändert.
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prokyon
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Beitrag von prokyon »

Hi Daniel,

war ein wenig oberflächlich von mir :wink: .

Bevor ich das theoretisch verstanden hab habe ich es bereits empirsich festegestellt. Den internen Darkframeabzug hab ich nur bei meinen allerersten Astrofotos verwendent. Dann nie mehr....

cs

werner
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Daniel_Guetl
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Beitrag von Daniel_Guetl »

Hallo Werner,

immer exakt antworten, schließlich befinden wir uns hier ja in der Astrofotografie, einer mathematisch exakten Wissenschaft wenn wir mal die künstlerischen Aspekte der Bildbearbeitung außen vor lassen. Es wär doch schade wenn wir Wolfgang nur die halbe Wahrheit vermitteln.

Ich hab übrigends damals in meiner Spiegelreflexzeit das gleiche empirisch festgestellt wie du, jetzt in der CCD Ära bin ich aber viel mehr zu Theoretiker verkommen (oder aufgestiegen??).

Viele Grüße

Daniel
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Markus
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Beitrag von Markus »

Hallo Ihr!

Über diese Frage habe ich auch schon öfters nachgedacht, und wenn ich mich nicht irre, so ist Daniels Wahrheit auch noch nicht die ganze Wahrheit:

Wenn wir davon ausgehen, dass auch die Light Frames addiert und gemittelt werden, so ist es rein rechnerisch m.E. egal, ob die Darks gleich einzeln oder nachträglich gemittelt abgezogen werden, denn die arithmetische Mittelung ist eine lineare Operation.

Wenn allerdings bei der Mittelwertbildung irgendwelche nichtlinearen Operationen angewandt werden, so sieht die Sache natürlich anders aus. Noch komplizierter wird es, wenn die Pixel nicht einzeln für sich betrachtet werden, sondern auch deren Umgebung. Leider weiß ich nicht im Detail, was Astroart & Co wirklich tun, aber offenbar hat man dort ja eine Reihe von Optionen (Median,...).

Just my 2c, vielleicht können ja andere Theoretiker noch mehr Wahrheit beisteuern...

CS
Markus
Markus Kommenda
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Daniel_Guetl
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Beitrag von Daniel_Guetl »

Hallo Markus,

das würde nur zutreffen wenn du auf jedes Light das selbe einzelne Dark abziehst(hier bleibt dann aber immernoch der 41% Zusatz). Da du aber nach jedem Light ein Dark machst, unterscheiden sich die Darks voneinander um dieses zufällige Rauschen + Ausleserauschen. Ein Masterdark das aus gemittelten Darks besteht kann von jedem Light abgezogen werden, somit wird jedes Light gleich kalibriert was Sinn der Sache ist.

Viele Grüße

Daniel
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Markus
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Beitrag von Markus »

Hallo Daniel!

Dass ein Masterdark den Vorteil hat, für unterschiedliche Lights (auch von unterschiedlichen Objekten, bei gleichen Aufnahmebedingungen) verwendet werden zu können, ist unbestritten. Und dass es bezüglich der Beobachtungszeit ökonomischer ist, sowieso.

Was aber das Abziehen der einzelnen Darks anbelangt, so sehe ich die Sache nicht so wie Du: Erstens sollte es natürlich nicht immer dasselbe Dark sein, sonst ist ja das Rauschen nicht mehr zufällig über die Darks verteilt und mittelt sich nicht mehr heraus. Und zweitens
müsste es meiner Meinung nach völlig egal sein, ob man zuerst mittelt und dann subtrahiert oder zuerst subtrahiert und dann mittelt (rechnerisch gesehen - physikalisch gesehen hätte man sogar beim sofortigen Abziehen vermutlich noch den Vorteil, dass die Temperatur besser zusammenstimmt).

Dies wiederum unter der Voraussetzung, dass nur lineare Operationen angewandt werden, dass gleich viele Lights und Darks verwendet werden usw.

LG
Markus
Markus Kommenda
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morizsterne
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Beitrag von morizsterne »

hallo Daniel und Markus,

Wenn ich ein Masterdark von jedm meiner lights abziehe, kann dann das masterdark ein eizelframe sein? das spart dann zeit. Um wieviel ist es besser wenn ich mehrere darks mache?

Die möglichkeit es die kammera selbst machen zu lassen habe ich eh nicht da meine 300d das noch nicht kann. Aber ich könnte nach jedem light ein eigenes dark aufnehmen und dann von jedem light ein eigenes dark abziehen, aber da währe es besser wenn ich die darks mittle, oder?

Wenn man mehrere darks mittelt soll man dann das gemittelte wieder von jedem light einzeln abziehen oder kann man es einfach vom summenbild abziehen ?


CS
Moriz
- 10" f/5 Dobson
- 130mm f/5 Newton auf Vixen NP
- canon eos 300D
- Sygnum 12x60 mit nebelfiltern
- uvm.
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Daniel_Guetl
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Beitrag von Daniel_Guetl »

Hallo Markus,

du vergisst zwei Faktoren die ein jedes Bild hat, und das ist die zufällige Addition des Dunkelrauschens die bei Langzeitbelichtung entsteht und das Ausleserauschen.

Sehen wir uns einmal an mit was wir es zutun haben:

Ein Light hat:

*Daten (Signal) die bei Doppelter belichtungszeit mit dem Faktor 2 ansteigen
*akkumulierten Dunkelstrom pro Pixel/s, was ein zufälliges Rauschsignal ergibt welches mit doppelter Belichtungszeit um die Wurzel aus 2 ansteigt.
*Ausleserauschen dass aus dem Auslesen des Chips + dem Auslesen der Elektronik dahinter besteht. Dieses Rauschen ist der Bias, der nicht so wie in Amateurliteratur temperaturunabhängig ist, sondern sehr wohl von der Temperatur der nachgeschalteten Elektronik abhängt und NICHT NUR von der Chiptemperatur.
*Hot und Coldpixel die sich aus Fertigungsdefekten ergeben.

Ich definiere jetzt mal die Ausgangssituation des Gedankenspiels:

1. 30 Lights, 30 Darks, sofortiger Dunkelbildabzug nach jedem Dark somit gleiche Außen und Chiptemperatur
2. 30 Lights, 30 Darks, die Darks werden bei Raumtemperatur aufgenommen, die Chiptemperatur wird jedoch gekühlt/kalibriert auf die Nachttemperatur (bei DSLR halt mit kühlschrank oder indem man die kamera auf Balkon legt bei ähnlichen Temperaturen). Aus dem Darks wird ein Average gemitteltes Masterdarkframe erzeugt (Hotpixel sind also noch drinnen)

Denken wir uns durch, was passiert mit einem Light wenn wir ein Dark abziehen:

1. Das Signal wird um den Ausleserauschwert des Darks zufällig verfälscht.
2. Das Signal wird um den Wert des Dunkelstroms zufällig verfälscht.


Warum? Der Dunkelstrom wird durch einen zufälligen Wert abgezogen, dadurch kann jetzt + oder - Dunkelstrom pro pixel überbleiben. Dass er sich genau abzieht ist unwahrscheinlich. Stastisch gesehen haben wir hier genauso viele negative Ausreißer wie positives Auslöschen. Die Hotpixel wären zwar beseitigt, alledings haben wir nun statt einem gleichmäßig Rauschsignal, ein kalibriertes Bild mit mehr höhen und Tiefen, also ein schlechteres S/N.

Was ist hier bei einem gemittelen Masterdark besser?

1. Alle Bilder werden mit dem gleichen Wert abgezogen. Es findet eine verfälschung der Daten gleichmäßig statt. Das kann durch Mittellung rekonstruiert werden. Die Daten bleiben gleich.
2. Das Ausleserauschen wird gemittelt abgezogen, die Daten in allen Bildern werden hierbei um den selben Wert beeinflusst, bleiben also gleich.
3. Der abgezogene Rauschpegel ist schön geglättet und entspricht besser dem zufälligen Rauschen der einzelnen Bilder. Der Mittelwert liegt also in einem Bereich wo es sehr wahrscheinlich ist dass der Dunkelstrom der Einzelbilder sich bewegt. Das durch die Kalibrierung zusätzlich hineingebracht Rauschen ist vernachlässigbar klein.

Wenn man das mal durchdenkt, ist es ein kompletter Blödsinn unterschiedliche Darks abzuziehen, die Verfälschung ist gerade zu horrend! Es wäre viel besser nur ein einzelnes Dark aufzunehmen und dass von allen Bildern abzuziehen. Hier hat man dann noch den zufälligen Rauschpegel, der sich durch die Mittelung der Dunkelbilder minimiert. Für beste Performance verwende ich deswegen immer 30 gemittelte Bilder, die Ergebnisse sprechen für sich.

Von Overscan Correction (das ist der temperaturabhängige Bias) will ich hier gar nicht anfangen, da eine DSLR sowas automatisch macht und Amateur CCDs das garnicht erlauben (bis auf QHY/ALCCD).


Viele Grüße

Daniel
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Beitrag von Markus »

Nochmals hallo!

@ Moriz

Nein, das Masterdark sollte kein einzelnes Frame sein. Nach meinem Wissensstand macht man am besten ebensoviele Darks wie Lights. Damit kann man den zufälligen Anteil (Rauschen) gegenüber dem Mittelwert des Dunkelstroms verringern.

Das Masterdark sollte man - wenn ich es recht verstehe - von jedem Frame einzeln abziehen, nicht vom Summenbild (Begründung s. unten). Es gibt Software (z.B. Astroart), die das offenbar automatisch so macht.

@ Daniel

Ich denke, Du hast meinen Punkt missverstanden - zumindest hast Du ihn nicht beantwortet. Was wir aber in unseren Betrachtungen nicht berücksichtigt und vermutlich beide übersehen haben, ist der folgende Umstand:

Beim Stacken der Lights wird ja üblicher Weise das gesamte Frame ein wenig verschoben und/oder verdreht (um die nicht perfekte Nachführung oder auch Dithering zu kompensieren). Dadurch kommen nicht mehr die einander entsprechenden Sensor-Pixels übereinander zu liegen.

Anders bei den Darks, die passen wohl immer zusammen.

Das scheint mir der Grund zu sein, warum man eben doch besser zuerst die Darks mittelt und dann wohl das Masterdark VOR der Verschiebung/Verdrehung von jedem Light subtrahiert.

LG
Markus
Markus Kommenda
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Daniel_Guetl
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Beitrag von Daniel_Guetl »

Hallo Markus,

was du ansprichst das tut überhaupt nix zur Sache.

Darks dienen nur dazu Hot/Coldpixel und Ausleseartefakte zu kalibrieren, und die befinden sich immer an der selben Stelle, sowohl in den Lights als auch in den Darks. Am Dunkelrauschen selbst soll nichts geändert werden, das kann man nur durch das Stacken von vielen Lights in den Griff bekommen.

Und genau aus diesem Grund stackt man soviele davon, man will nix ändern, also versucht man einen möglichst homogenen Wert dort zu bekommen wo nichts kalibriert werden muss. Dann gibts beim Abziehen nicht soviel zufälliges rauschen.

Viele Grüße

Daniel
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wstroh
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Danke

Beitrag von wstroh »

Hallo!

Vielen Dank an alle Schreiber, dass ihr euch so ausführlich zu den Darks geäußert habt. Hat mein Verständnis sicherlich erweitert.

Clear skies,
Wolfgang
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